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(1) Maschinen, die selbstständig Funktionen ausführen, (2) Roboter, die sich gegen ihren Erbauer auflehnen, (3) Automaten, die höhere Intelligenz als ihre Schöpfer haben und sie lieben und schützen, (4) Vergleiche oder Identifikation des Menschen mit der Maschine, die Freiheitsverlust andeuten.

Der Schachtuerke

Schachtürke Teaserbild
„Schon die Verbindung des Menschen mit toten das Menschliche in Bildung und Bewegung nachäffenden Figuren zu gleichem Tun und Treiben hat für mich etwas Drückendes, Unheimliches, ja Entsetzliches. Ich kann mir es denken, daß es möglich sein müßte, Figuren vermöge eines im Innern verborgenen Getriebes gar künstlich und behende tanzen zu lassen, auch müßten diese mit Menschen gemeinschaftlich einen Tanz aufführen und sich in allerlei Touren wenden und drehen, so daß der lebendige Tänzer die tote hölzerne Tänzerin faßte und sich mit ihr schwenkte, würdest du den Anblick ohne inneres Grauen eine Minute lang ertragen? Aber vollends die Maschinenmusik ist für mich etwas Heilloses und Greuliches, […] und [so] wird der geist- und empfindungsloseste Spieler noch immer mehr leisten als die vollkommenste Maschine, da es nicht denkbar ist, daß nicht irgend einmal eine augenblickliche Anregung aus dem Innern auf sein Spiel wirken sollte, welches natürlicherweise bei der Maschine nie der Fall sein kann.“
(aus: E.T.A. Hoffmann, „die Automate“)

Ende des 18. Jahrhunderts sorgte ein von Wolfgang von Kempelen konstruierter vermeintlicher Schachroboter für Furore: Der Schachtürke
Tatsächlich handelte es sich dabei keineswegs um einen Roboter; vielmehr wurdet der Apparat von einem Menschen im Inneren der Konstruktion bedient.


November 2013
das weisse haus, Wien

Dokumentation der
Performance und Installation


Durch einen spärlich beleuchteten ehemaligen KFZ-Werkstattraum mit einer abgedeckten Reparaturgrube führt eine Treppe hinunter in den angrenzenden Gewölbekeller.

Dort beleuchtet der schwache Lichtkegel der einzigen Lichtquelle ein zentral im Raum stehendes sarkophagartiges Objekt, aus dem in sehr hoher Lautstärke und zusätzlich verstärkt durch die Raumakustik des Tonnengewölbes wummernde Technobeats in hartem und schnellem Rhythmus dröhnen.

Treppe zum Gewölbekeller
Der Schachtürke
Der Schachtürke
Der Schachtürke
Der Schachtürke
Der Schachtürke
Der Schachtürke
Treppe zum Gewölbekeller

Nur wenige Indizien lassen erkennen, dass die harte Musik nicht vom Band kommt, sondern live eingespielt wird.

So verraten immer wieder auftauchende Radiosamples, dass zeitaktuelle Radiosendungen als Rohmaterial für den Sound verwendet werden. Außerdem kann dem Verlauf der Kabel aus dem Gewölbe bis zur Reparaturgrube gefolgt werden. Tatsächlich wird die Musik während der gesamten Dauer der Performance live aus der Reparaturgrube gespielt, in der sich auch eine rudimentäre Lichtsteuerung befindet.

Eine Interaktion mit der Außenwelt ist jedoch unmöglich: Aus dem Inneren der Grube ist nicht zu sehen, was gerade im Gewölbekeller passiert. Gibt es überhaupt Besucher? Wird möglicherweise sogar getanzt? Oder schreiten die Besucher eher andächtig um den "Sarkophag" herum wie um ein Kunstwerk in einer Ausstellung?

Treppe zum Gewölbekeller
Anmerkung zum Video: Die Tonspur des Gewölbekellers liegt auf dem linken, der Ton aus der Reparaturgrube auf dem rechten Audiokanal. Mit dem Balance Regler des Audioausgabegeräts kann zwischen den Spuren hin und her geschaltet werden.